Livestyle / Fasten und Haut

Veröffentlicht: 12. Februar 2025
Autorin: Sybille Binder

Dass Lebensstil nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch den Alterungsprozess beeinflusst, ist heute allgemein bekannt und immer mehr durch wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt. Diese Erkenntnisse werden zunehmend auch von der medizinischen Fachgesellschaften anerkannt.
Ein wichtiger Faktor des Alterungsprozesses ist auch unsere Hautalterung. Lange Zeit wurde nur über Einflussfaktoren von aussen gesprochen und informiert. Durch Auftragen von Nährstoffen durch Produkte der Kosmetik und Dermatologie aber auch durch invasive Eingriffe wie Spritzen wurde der Hautstoffwechsel unterstützt und der natürlichen Hautalterung entgegengewirkt.

Ein Ausblick auf den Fachkongress „Livestyle / Fasten und Haut» am 17.5.25

Die Frage stellt sich, wann sind welche Alterungsprozesse der Haut «normal»?
Dass die Haut ein Stoffwechselorgan wie andere Organe des Körpers ist, ist bekannt, es wurde aber lange nicht über die innere Ernährung gesprochen. Die Haut ist ein Resultat unserer Ernährung, das heisst der Nährstoffe. Ihr Auf- und Abbau sowie Hautveränderungen sind durch verschiedene Ernährungsmassnahmen beeinflussbar.

Im Referat wird Frau Dr. Yael Adler https://dradler-berlin.de/  die bekannte Dermatologin über die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ernährung auf die Qualität und Alterung der Haut sprechen. Gerade Fette und Genussmittel haben einen starken Einfluss auf den Hautstoffwechsel und deren Alterung. Nicht alle Nahrungsmittel, die als gesund angepriesen werden, sind auch wirklich günstig für die Entwicklung. Yael Alder zeigt auf, wie eine hautgesunde Ernährung aussieht und dass nicht nur Supplemente und Kosmetika eingesetzt werden können.

Auch Fasten beeinflusst den Hautstoffwechsel, so werden Stoffwechselendprodukte, die der Körper während des Fastens ausleiten möchte, auch über die Haut ausgeschieden, was sich in Form von Schwitzen, Körpergeruch, Irritationen wie Brennen oder Jucken zeigen kann.

Über das Fasten vor allem das Fasten nach FX Mayer und dessen Entwicklungen spricht Dr.med. Claas Hohmann https://www.fxmayr.com/ . Er hat als Arzt die Fachfortbildung als FX Mayr gemacht und ist Leiter dieser Gesellschaft. Es waren Ärzte wie FX Mayr, welche die Forschung der Fastenergebnisse unterstützt haben. Fasten «trainiert» den Stoffwechsel und das Immunsystem, was heute auch als Xenoautophagie bezeichnet wird. Weiter wird diskutiert, dass Fasten die Telomehrverlängerung positiv beeinflusst.
FX Mayr stellte die Hypothese auf, dass nicht nur Fasten sondern vor allem die durch Sanierung“ des Darmes viele Krankheiten vermieden oder verbessert werden können. Dies durch leicht verdauliche und monotone Ernährung – bestehend aus Milch und Semmeln. Aber nicht nur das Essen sondern das Kauen waren wichtige Pfeiler in der Kur sowie die bekannten Darmmassagen und die Darmspühlungen (Colonhydrotherapie). Diese Therapieansätze haben sich immer wieder als sehr wirkungsvoll bewiesen. Wie andere medizinische Fachgebiete hat auch das Fasten sich im Laufe der Jahre entwickelt und wird immer wieder neuen Erkenntnissen angepasst. Freuen Sie sich auf diese beiden Beiträge im Sinne der SSAAMP Philosophie.

Der Fachkongress „LONGEVITY, Livestyle / Fasten und Haut» am 17. Mai 2025 im Seedamm Plaza Pfäffikon

Melden Sie sich jetzt zur Kongressteilnahme an und erweitern Sie Ihr Wissen – für eine sichere und gezielte Anwendung / Umsetzung.

Programm Kongress 17.5.25   

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Mikrobiom – zentral für unsere Gesundheit

Veröffentlicht am: 30. Januar 2025
Autor: Dr. med. Simon Feldhaus

Der Volksmund kennt das Sprichwort „die Gesundheit des Menschen liegt im Darme verborgen“. Und schon Paracelsus sagte: „Der Tod sitzt im Darm“.

Der Dünndarm wie der Dickdarm werden von über 400 verschiedenen Bakterienstämmen besiedelt, wobei die mikrobielle Besiedlung der einzelnen Abschnitte im Gastrointestinaltrakt sehr unterschiedlich ist.

Magen und Zwölffingerdarm sind noch relativ keimarm. Im Dünndarm nimmt die Artenvielfalt und die Zahl der Mikroorganismen ständig zu, wobei anaerobe Florabestandteile immer stärker in den Vordergrund treten. Im Dickdarm schließlich werden die höchsten Bakterienkonzentrationen erreicht. Gut ein Drittel der gesamten Stuhlmasse besteht aus abgestoßenen Darmbakterien.

Ein Ausblick auf den Fachkongress „Longevity» am 17.5.25

Zwischen den Darmbakterien und dem Mensch besteht eine Gemeinschaft mit gegenseitigem Nutzen (Symbiose).

Unverdauliche Nahrungsbestandteile wie Pflanzenfasern werden von den Darmbakterien aufgeschlossen und verwertet. Die Abbauprodukte fördern das Wachstum der Mikroorganismen und dienen ihnen zur Energiegewinnung. Aber auch der Mensch profitiert von ihren Fähigkeiten: Die beim bakteriellen Abbau von Kohlenhydraten im Dickdarm entstehenden kurzkettigen Fettsäuren (z.B. Buttersäure) dienen dem Schleimhautepithel des Dickdarms als Energiequelle. Auch beteiligen sich die Darmbakterien bei der Entsorgung von Fremd- und Schadstoffen. Die im Dickdarm entstehenden Endprodukte des bakteriellen Stoffwechsels wie Gase (Schwefelwasserstoff, Wasserstoff, Methan) oder andere nicht weiter verwertbare Reste werden mit dem Stuhl ausgeschieden.

Weiterhin wird die Peristaltik des Darmes durch ihre vielfältigen Stoffwechselaktivitäten gefördert, was für eine raschere Entsorgung des Darminhaltes sorgt und so eine Obstipation verhindert.

Probiotische Massnahmen führten in Studien zu einer Reduktion des Stresshormons Cortison und zu einer vermehrten Aktivität der GABA-Rezeptoren im ZNS. Darmbakterien modulieren die Neurotransmitteraktivität, so dass faszinierende Möglichkeiten entstehen, mit mikrobiell basierten Strategien stressassoziierte, psychiatrische Störungen wie Ängstlichkeit und Depression zu beeinflussen.

Allerdings kann diese Beeinflussung auch vom Gehirn in Richtung Darmflora verlaufen. Chronischer Stress führt zu einer Reduktion vor allem der Lactobazillen und zur Freisetzung von Histamin im Darm. Dies kann zu ausgeprägten Verdauungsstörungen wie Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen führen.

Etwa 80 Prozent des zellulären Immunsystems des Körpers befinden sich als Peyer’sche Plaques unter der Darmschleimhaut. Zudem werden hier täglich 12 bis 14 Gramm spezifische Eiweisse wie beispielsweise die Immunglobuline produziert.

Die Immunantwort wird durch die Bildung verschiedener pro- und antientzündlicher Botenstoffe koordiniert.

Letztendlich fungieren die Darmbakterien als lebenslanger Trainings- und Kommunikationspartner für das Immunsystem.

Dieser ständige Informationsaustausch lehrt die immunkompetenten Zellen, zwischen unerwünschten Eindringlingen und den körpereigenen nützlichen Bakterien zu unterscheiden, sodass Fremdkeime rasch eliminiert werden können, während gegenüber den eigenen Bakterien eine immunologische Toleranz entsteht. Somit werden überschiessende immunologische Reaktionen, die den Organismus überfordern könnten, verhindert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Darm, um all seine Aufgaben korrekt ausführen zu können, notwendigerweise braucht:

• eine intakte bakterielle Besiedelung des Darmes (intestinale Mikroflora)

• eine ausreichende Bildung von Mucosaschleim und sekretorischem Immungloblin A (sIgA) sowie


• eine unversehrte intestinale Epithelzellschicht.

Die praktische Konsequenz dieser Erkenntnisse liegt nun darin generell eine hohe Diversität im Darm zu erhalten und zu fördern. Dafür sollte bei der Ernährung grundsätzlich auf eine vielseitige und an verschiedenen Ballaststoffen reiche Kost geachtet werden.

Die Anwendung von Antibiotika muss auf das geringstmögliche Maß beschränkt werden und begleitend zu jeder nicht vermeidbaren antibiotischen Intervention sollten gezielte Maßnahmen zur Schadensbegrenzung betrieben werden.

Therapeutische Konsequenzen bestehen dann darin, die Störungen im Milieu sowie bei der Zusammensetzung der Darmflora zu korrigieren.

Präbiotika und probiotische Bakterienstämme nach den Bedürfnissen des Patienten individuell zu kombinieren ist die neueste Version der Mikrobiomtherapie. Die Auswahl der Komponenten beruht auf dem Beschwerdebild, Befunden von Mikrobiom und ergänzenden Parametern sowie An­gaben von Alter und Körpergewicht. Aufgrund der vorhandenen Daten erfolgt ein Abgleich mit vorhandenen Studien. Ermittelt wird so eine Mischung aus Präbiotika und pro­biotischen Stämmen in einer optimalen Dosierung, die für die individuelle Fragestellung eines Patienten am besten geeignet sind.

Wer seinen Darm und die darin lebenden Bakterien gesund erhält, schafft die besten Voraussetzungen auch den Körper und die Seele gesund zu erhalten.

Am Kongress der SSAAMP im Mai 2025 werden wir ein Topic auf dieses Thema setzen.

Der Fachkongress „Longevity» am 17.5.25

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Better-Aging und Medizinische Ästhetik am 19. Jahreskongress vom 11. Juni 2022

Im Zeichen des persönlichen Austauschs

Der Jahreskongress der SSAAMP konnte endlich wieder in einem freundlichen, entspannten Rahmen stattfinden. Über 200 Teilnehmende folgten der Einladung ins Zürcher Metropol und die SSAAMP konnte erneut ihre kompetente Position zeigen: Renommierte Referenten präsentierten eine Vielfalt hochaktueller und relevanter Themen aus der funktionellen Medizin, Zahnmedizin, Endokrinologie sowie Umweltmedizin. Dazu stellten gegen 30 Aussteller aktuellste Produkte und Dienstleistungen aus den Bereiche Prävention, Therapie oder Labor vor. Die Pausen zwischen den Fachvorträgen wurden jeweils intensiv für den Austausch und die Netzwerkpflege genutzt.

Ein klares Bedürfnis

Nach dem Eintreffen der zahlreichen Gäste machte Präsident Dr. med. Simon Feldhaus gleich in seiner Begrüssungsansprache klar, wie wichtig der aktive persönliche Austausch für den Menschen ist. Auch im Better-Aging bildet der gesellschaftliche Kontakt einen entscheidenden Faktor. Weiter betonte er die Wichtigkeit, ständig wiederkehrende Irrglauben in der Medizin konsequent zu hinterfragen und immer wieder gedanklich über den berühmten Tellerrand hinauszuschauen.

Mit einem spannenden Vortrag zur Diversität und Individualität der Bakterien im Darm wurde das Programm im grossen Vortragssaal eröffnet. Dann erläuterte der deutsche Wissenschaftler Stefan Hockertz das Thema «Arzneimittel im Trinkwasser» und die Tatsache, dass die Problematik zwar bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends erkannt wurde, aber noch keine konkrete Lösung zur Verfügung steht. Referate aus dem Themenkomplex Schmerz und Hormone brachten ebenso interessante Erkenntnisse wie diejenigen aus der Zahnmedizin oder aus dem Gebiet Umwelt und Medizin. Die Referate im grossen Saal boten während des ganzen Tages eine wahre Quelle fachspezifischer Informationen sowie erfrischender Denkanstösse.

Spezialbereich: Medizinische Ästhetik

Die Harmonie aus Geist und Körper prägt die moderne Anti-Aging-Medizin. Die medizinische Ästhetik stärkt Zufriedenheit und Selbstbewusstsein. Richtig eingesetzt, werden nicht nur sichtbare Verbesserungen erzielt, sondern auch das allgemeine Lebensgefühl nachhaltig angeregt. Im kleinen Saal wurden die Möglichkeiten und Grenzen der Sexualsteroide in der Ästhetischen Medizin, die Stammzellenaktivierung sowie die Bewahrung der Hautstruktur thematisiert.

Auf die neuen Erkenntnisse aus den Fachvorträgen folgte eine moderierte Diskussion, welche sich mit der Umsetzung befasste, wie die Haut möglichst lange jung gehalten werden kann. Der kleine Saal war zu jeder Zeit bis auf den letzten Platz und sogar darüber hinaus besetzt. Alle Teilnehmenden konnten bedeutungsvolle Einsichten sowie relevante Perspektiven für die tägliche Praxis mit nach Hause nehmen.

De Auszeichnung des Jahres

Vor der kulinarischen Netzwerkpause über Mittag folgte ein weiterer Höhepunkt: Die Verleihung des Science-Awards. Damit unterstützt die SSAAMP alljährlich herausragende Forschungsarbeit in den Bereichen Anti-Aging und Prävention. Die kompetente Fachjury zeichnete in diesem Jahr eine weitere beispielhafte Wissenschaftlerin aus. Mit ihrer Arbeit «Cognitive health after menopause: Does menopausal hormone therapy affect it?» überzeugte Dr. med. Sabrina Baumgartner aus Zürich die Expertinnen und Experten der SSAAMP. Auf der Bühne des grossen Saals durfte die ambitionierte Spezialistin unter anerkennendem Applaus den Science-Award, der 2022 bereits zum fünften Mal verliehen wurde, in Empfang nehmen.

Dr. med. Simon Feldhaus, Dr. med. Sabrina Baumgartner, Prof. Dr. med. Petra Stute

Jubiläumskongress im Jahr 2023

Seit seiner Gründung setzt sich der Fachverband SSAAMP, die Swiss Society for Anti Aging Medicine and Prevention, für die Erhaltung der Lebensqualität bis ins hohe Alter ein. Immer mehr Fachkräfte beschäftigen sich eingehend mit der gezielten Behandlung der altersabhängigen Erkrankungen und der degenerativen Prozesse. Die SSAAMP fördert gezielt präventiv orientierte Therapien, die auf der Grundlage anerkannter Methoden der Medizin sowie der laufend erweiterten wissenschaftlichen Forschung basieren.

Im kommenden Jahr wird der richtungsweisende Jahreskongress der SSAAMP zum 20. Mal durchgeführt. Präsident Dr. med. Simon Feldhaus versprach für den Jubiläumsanlass ein besonders facettenreiches Potpourri spannender Fachvorträge, packend präsentiert von noch mehr namhaften Referentinnen und Referenten. Der Kongress wird deshalb 2023 an einem besonderen Standort inszeniert werden: Dem wunderschönen Seminarhotel Bocken bei Horgen am Zürichsee. Hier bietet sich noch mehr Raum für ein gehaltvolles Programm sowie eindrückliche Präsentationen in einem ansprechenden Umfeld – mitten im Grünen und nicht weit von Zürich.

Zugelassen sind nicht nur die Mitglieder der SSAAMP allein – auch externe Gäste oder Studenten sind herzlich willkommen und können von inspirierenden Referaten und einem fachspezifischen Rahmenprogramm profitieren. Anmeldungen zum Frühbucherpreis sind bereits heute möglich.

Swiss Society for Anti Aging Medicine and Prevention
Haldenstrasse 1, 6342 Baar, http://www.ssaamp.ch 

Reizdarmsyndrom: Evidenzbasierte Mikrobiom-Therapien als Grundlage einer modernen personalisierten Medizin

Veröffentlicht am: 14. Juni 2022
Autor: Prof. Dr. med. Burkhard Schütz

Das Reizdarmsyndrom (engl. Irritable Bowel Syndrome, IBS) ist die wohl häufigste Er­krankung des Magen-Darm-Traktes. Etwa 50 % der Patienten, die wegen gastrointestinaler Beschwerden einen Hausarzt aufsuchen, leiden daran [1]. Typische Anzeichen eines Reizdarmsyndroms sind chronische Bauchschmerzen, die in Verbindung mit Verstopfung, Durchfall und Blähungen auftreten können [2]. Es wird geschätzt, dass weltweit etwa 10 – 15% der Bevölkerung an einem Reizdarmsyndrom leiden, wobei Frauen häufiger betroffen sind [3].

Darmbakterien können die Pathogenese eines Reizdarmsyndroms maßgeblich beeinflussen.  Oft findet man bei IBS-Patienten Veränderungen im Mikrobiom, die neben einer verminderten Arten­vielfalt (Diversität) einerseits durch geringe Keimzahlen an Bifidobakterien und F. prausnitzii  ge­kenn­­zeichnet sind, andererseits aber eine Vermehrung von stoffwechselaktiven Entero­bakteriazeen aufweisen [11-14]. Hierdurch können Metabolite entstehen, die zu oberfläch­lichen Schleim­haut­entzündungen führen (Low grade Inflam­mation), aber auch Gefäßwände schädigen können und so Arteriosklerose oder kardiovaskuläre Erkrankungen begünstigen.

Mikrobiomveränderungen und Entzündungen beeinflussen die Bildung und Expression von mikro­biellen Neurotransmittern, wie Serotonin, GABA oder Histamin. Auch die Verfügbarkeit von Neuro­transmitter-Vorstufen (z.B.  Tryptophan) wird durch die veränderte Darmflora beeinträchtigt. All das hat Folgen. Ein Mangel an Neurotransmittern kann das Schmerzempfinden erhöhen (Serotonin, GABA) oder durch unzureichende Aktivierung von 5-HT4-Rezetoren eine Obstipation begünstigen (Serotonin). Anders ist es bei einer gesteigerten Serotoninproduktion. Durch Anregung der Peristaltik kommt es oft zu einer Diarrhö [15,16]. Auch eine vermehrte Histamin-Bildung durch Entero­bakteria­zeen kann Ursache für typische Reizdarmbe­schwerden sein. So lassen sich Bauch­schmerzen oder rezidivierende Durchfälle oft auf eine Aktivierung von Histamin-1-Rezeptoren zurückführen [17-19].

Darmbakterien beeinflussen also die Entstehung und die Symptomatik  eines Reizdarmsyndroms erheblich. Deshalb sollte eine diagnostische Abklärung bei Reizdarm in jedem Falle auch eine Mikro­biom- und Neurotransmitteranalyse beinhalten und deshalb setzen unsere Therapieansätze unter anderem auch dort an.

Prä- und probiotische Therapien bei Reizdarmsyndrom

Seit fast 30 Jahren beschäftige ich mich mit Stuhldiagnostik und darmassoziierten Therapien. Mit der Biovis haben wir immer wieder Studien begleitet, die das Ziel hatten, die Wirksamkeit von Prä- und Probiotika bei Reizdarmsyndrom zu untersuchen. Mittlerweile gibt es gute Probiotika, die imstande sind, das Milieu im Darm positiv zu beeinflussen, das Wachstum von Candida oder patho­genen Er­regern zu hemmen oder einem Leaky Gut entgegenzuwirken. Durch Auswahl geeigneter Probiotika kann auch die Mucin- oder Butyratbildung gefördert und Entzündungen entgegengewirkt werden. Die Vielfalt an angebotenen Probiotika ist groß. Ihre Eigenschaften unterscheiden sich zum Teil erheblich. Es macht daher Sinn, sich näher mit Probiotika auseinander­zusetzen, um das passende Produkt für den jeweiligen Patienten zu finden.


Die meisten angebotenen Probiotika sind Allrounder, mit möglichst breiten Indikationsstellungen. Einige wurden für bestimmte Altersklassen konzipiert, etwa für Säuglinge, Kinder oder für Senioren. Andere Probiotika werden gezielt gegeben, um eine Antibiotika assoziierte Diarrhö zu verhindern oder vor einer Reisediarrhö zu schützen. Dürfen Indikationen angegeben werden, dann hilft das bei der Auswahl eines geeigneten Probiotikums. Oft sind aber, trotz teilweise vorhandener Studien, Produkt­aussagen nicht zulässig. Arzt oder Therapeut sind in ihrer Entscheidung alleine gelassen und ver­ordnen oft die falschen Produkte. Es werden Allrounder eingesetzt, die zwar vieles können, aber vieles nicht wirklich gut!

Wirkoptimierte Probiotika durch gezielte Kombination ausgewählter Bakterienstämme

Studien zeigen immer mehr, dass Prä- und Probiotika in optimaler Kombination gute therapeutische Effekte erzielen.  Gelingt es, geeignete Stämme zu kombinieren, lassen sich auch Reizdarm­be­schwer­den damit effektiv beeinflussen. Daten hierzu erbrachte auch eine Studie, die von 2019-2021 an insgesamt 166 Patienten mit Reizdarmsyndrom durchgeführt wurde. Im Stuhl gemessen wurden Histamin, Tryptophan und die Neurotransmitter Serotonin und GABA. 81% der Patienten zeigten Auffälligkeiten in mindestens einem der 4 Parameter. 31% zeigten ein erhöhtes Histamin, das über eine Aktivierung von H1-Rezeptoren zu Durchfällen oder Tenesmen führen kann. Eine Hista­min­intoleranz (HIT) scheint also eine erhebliche Rolle bei Reizdarmbeschwerden zu spielen. Man weiß, dass Probiotika die Histaminwirkung blockieren können, indem sie die Expression des Histamin-Decarboxylase-Gens (HDC) hemmen und die H1-Rezeptor-Gen Expression reduzieren. Es wird damit  weniger Histamin gebildet, das auf eine geringe Zahl an H1-Rezeptoren trifft. Ein Effekt, den die Patienten spüren, oft innerhalb weniger Tage nach Beginn der Probiotika-Therapie. Es gibt nur wenige Probiotika, die gezielt für Indikationen bei IBS entwickelt wurden. Für Patienten mit einer Histaminproblematik ist das z.B. Arktis Sensitive®, Histamed® oder BiGaia®.

Abbildung: Veränderungen von Histamin, Tryptophan, Serotonin und GABA im Stuhl von Reizdarmpatienten. 31% der Patienten zeigen erhöhte Histaminwerte. Biovis 2019

Der Effekt von Arktis Sensitive® und BiGaia® auf die Histaminfreisetzung lässt sich auch in invitro-Experimenten zeigen. Getestet werden darin Probiotika in Anwesenheit von Patientenstuhl und individuellen Zusatzstoffen, die modifiziert werden können und die Art der Ernährung widerspiegeln. Während im Markt sehr erfolgreich eingesetzte Probiotika zwar selbst keine HDC-Gen-tragenden Stämme enthalten, scheinen sie die Patientenflora doch dazu zu bringen, Histamin zu bilden. Die Histaminspiegel steigen und zwar z.T. deutlich. Arktis Sensitive® und BiGaia® hingegen führen zu einer erheblichen Abnahme der Spiegel. Es kommt zu einer Histaminblockade!

Abbildung 2: Einfluss von Probiotika auf den Histamin-Spiegel im Stuhl. 

Das Bespiel zeigt, wie effizient Probiotika wirken können. Patienten beschreiben einen klinischen Effekt bei HIT bereits nach wenigen Tagen. Für ein Probiotikum außergewöhnlich!

Wie andere Untersuchungen zeigen, lässt sich auf die oben beschriebene Weise nicht nur der Histamin-Einfluss reduzieren, es gelingt auch durch Probiotika die GABA- und Serotonin-Versorgung zu verbessern, mit positivem Einfluss auf Darmpassage und Schmerzsymptomatik. Auch hiervon profitieren Reizdarm­patienten z.T. erheblich.

Abbildung 2: Einfluss von Probiotika auf den GABA-Spiegel im Stuhl. Ein wichtiger Faktor zur Regu­lierung von Peristaltik und visceralem Schmerzempfinden.

Reizdarmdiagnostik als Grundlage einer effektiven Therapie

Untersucht man Stühle von Reizdarmpatienten auf Histamin, Tryptophan und Neurotransmitter, ermöglicht das bei vorhanden­en Auffälligkeiten gezielte Therapiemaßnahmen. Bei einer Histamin­intoleranz kann eine histaminarme Ernährung ebenso sinnvoll sein, wie die Gabe von DAO oder Mastzell­stabili­satoren.  Bei fehlenden Neurotransmittern oder Vorstufen können diese substi­tuiert wer­den (5-HTP, GABA, Tryptophan). Wie oben gezeigt, stellen aber auch  zielgerichtet einge­setzte Probiotika effek­tive Therapieoptionen dar, die dazu beitragen, Histamin zu blockieren oder Neuro­trans­mitterdefizite auszugleichen. Es müssen nur die richtigen Probiotika sein!

Ausblick: Personalisiserte Probiotika – eine Option für die Zukunft?

Die beschriebenen Beispiele machen klar, welche Möglichkeiten klug zusammengesetzte Probiotika­ bieten, wenn sie nur Stämme beinhalten, die gewünschte Effekte zeigen und auf überflüssige oder kontraproduktive Stämme verzichten. Es geht nicht, wie bei den üblichen Allround-Präparaten darum, möglichst viele Fragestellungen mit abzudecken, sondern bei klar definierten Beschwerde­bildern einen maximal möglichen Effekt zu erzielen.

Präbiotika und probiotische Bakterienstämme nach den Bedürfnissen des Patienten individuell zu kombinieren, quasi als Individualrezeptur, das wäre neu. Die Auswahl der Komponenten sollte auf dem Beschwerdebild, Befunden von Mikrobiom und ergänzenden Parametern sowie An­gaben von Alter und Körpergewicht beruhen. Aufgrund der vorhandenen Daten erfolgt ein Abgleich mit vorhandenen Studien. Ermittelt wird so eine Mischung aus Präbiotika und pro­biotischen Stämmen in einer optimalen Dosierung, die für die individuelle Fragestellung eines Patienten am besten geeignet sind. Ist so etwas wirklich möglich?

Ja, es ist möglich! Ich stelle Ihnen Ergebnisse dieses neuen, personalisierten Therapieansatzes vor. Kommen Sie zum Seminar der SSAAMP am 24. November in Zürich. Sie werden es nicht bereuen!

Literatur beim Verfasser.

Die Leber – das „vergessene Organ“ der Schulmedizin

Autor: Dr. Simon Feldhaus und Sybille Binder
Veröffentlicht: 16. Mai 2022

Die Leber (lateinisch iecur, altgriechisch ἧπαρ Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels und die grösste Drüse des Körpers bei Wirbeltieren. Die wichtigsten Aufgaben sind die Produktion lebenswichtiger Eiweissstoffe (z. B. Gerinnungsfaktoren), die Verwertung von Nahrungsbestandteilen (z. B. Speicherung von Glukose und Vitaminen), die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und internen und externen Giftstoffen. Zudem stellt sie das körpereigene Cholesterin sowie die Gallenflüssigkeit her.

Als Klärwerk des Körpers ist die Leber zusammen mit der Niere für die Entgiftung zuständig. Sie entsorgt und beseitigt, so gut es geht, Schadstoffe aus Nahrung, Umwelt, Medikamenten und Genussmitteln wie Alkohol und Zigaretten. Sie neutralisiert auch das körpereigene giftige Ammoniak, das beim Abbau von Proteinen anfällt. Entlang der Lebergefässe finden sich hoch spezialisierte, nach dem Entdecker benannte Kupffersche Sternzellen, die das Blut von allen Fremdstoffen, beispielsweise Bakterien, befreien. Diese Zellen entsorgen auch die überalterten oder geschädigten Erythrozyten und geben sie zur Weiterverarbeitung an die Leberzellen ab. Auch die Erkennung und Ausschaltung von Tumorzellen gehört zu den Aufgaben der Leber. Dementsprechend ist sie auch ein wichtiges Organ für das Abwehrsystem.
Die Leber produziert Albumin, ein lebenswichtiges Protein, das u. a. das Blut in den Gefässen hält und Substanzen wie Fettsäuren, Vitamine und Medikamente (z. B. Penicillin) im Blut transportiert. Albumin bindet auch viele wasserunlösliche Giftstoffe.

Trotz dieser zentralen Rolle gilt die Leber als „vergessenes Organ“ der Schulmedizin. Man kann zwar gewisse Krankheiten behandeln, aber eine Medizin, die in das System der Leber einwirkt, gibt es bislang nicht.

Aufgrund ihrer ausgeprägten Vernetzung im Körper ist die Leber eines der wichtigsten Organe in der Komplementärmedizin. Wir wissen, wenn wir die Leber unterstützen, ist jede Therapie, egal welche, von einem besseren Erfolg gekrönt. Die Leber birgt im Verständnis der biologischen Medizin als «Yin-Organ des Frühlings» zeitlebens die Kraft des Frühlings und des Lebens: Letztendlich hat die Leber eine Art „Boosterfunktion“ in der Therapie!

In der TEN gilt die Leber als zweite Kochung, welche die Aufgabe hat, die Stoffe (Nähr- und Wirkstoffe der Nahrung), welche die erste Kochung (Magen/Darm) vorbereitet haben, weiter zu verarbeiten. Und so kommt es erst zur dritten Kochung zu Zellen und Gewebe. Ohne Leber ist aus Sicht der TEN-Gesundheit also gar nichts möglich.

Eine Schwächung der Leberfunktion kann sich auf verschiedenen Ebenen zeigen: von mangelndem Antrieb über gastrischen Kopfschmerz bis zu Gelbsucht oder anderen Vergiftungserscheinungen. Häufig zeigen sich emotionale Symptome, wie sie bei Verhaltensauffälligkeiten typisch sind: Unkonzentriertheit, Aggression, Affekthandlungen.

Generell ist Müdigkeit häufig ein Symptom, das mit der Leber in Verbindung gebracht wird. Man kann auch sagen: „Müdigkeit ist der Schmerz der Leber.“ Unser Entgiftungsorgan verursacht in der Regel keine Beschwerden, ausser wenn es zu Vergrösserungen und somit zur Spannung der Leberkapsel kommt.

Ebenso besteht beispielsweise ein Zusammenhang zwischen einer eingeschränkten Leberfunktion und Augenleiden (wie trockenes Auge, Farb- sowie Hell-Dunkel-Unter-scheidung, verminderte Sehkraft), Hautkrankheiten (Akne, Ekzeme), Fettstoffwechselstörungen, funktionellen Herz-Kreislauf-Beschwerden sowie psychischen Beschwerden (Schlafstörungen, depressive Verstimmungen).

Folgende sogenannte Früh-Symptome können auf Probleme der Leber hinweisen, noch bevor Labortests oder andere diagnostische Verfahren dies zeigen:

  • Müdigkeit
  • Verlust der Tatkraft
  • Depressivität
  • unspezifische Übelkeit
  • wechselhafte Nahrungsmittelempfindlichkeiten
  • Verhaltensauffälligkeit

Natürlich ist bei Verdacht auf organische Leberstörungen entscheidend, eine gesicherte Diagnose zu stellen. Dazu ist allenfalls eine laborchemische Kontrolle der Leberwerte notwendig und eventuell auch eine Ultraschalluntersuchung von Leber/Gallenblase und Pankreas. Insbesondere geht es hier darum, toxische Leberschäden, Entzündungen, Infektionen oder eine Leberbelastung durch eine Abflussbehinderung in den Gallengängen auszuschliessen. Diese Situationen bedürfen einer spezifischen, schulmedizinischen Therapie.

Allerdings ist die Leber ein Organ, welches Belastungen enorm gut kompensieren kann. Deshalb kommt es auch erst in fortgeschrittenen Stadien zu «messbaren» Veränderungen der Leberparameter wie Gamma-GT, GPT, GOT, Bilirubin.

Da die Laborparameter erst im späten Stadium der Lebererkrankung anzeigen, gab und gibt es in vielen traditionellen Medizinsystemen Hinweise, die als typische Leberzeichen dienen:

  • leichte Gelbverfärbung der Sklera
  • wechselnde Sehschärfe
  • leichte Orangenverfärbung der Haut an den Fusssohlen und Handinnenflächen
  • häufig wechselndes Schriftbild
  • Verdauungsunregelmässigkeiten, vor allem weicher, heller Stuhl; Rotverfärbung des Stuhls nach Genuss von einer guten Portion Rande, gekocht oder roh

Therapeutisch gibt es viele verschiedene Optionen. Exemplarisch werden nun einige hier dargestellt:

Die wichtigste und erste Therapiemethode ist gemäss der alten westlichen Medizin die Ernährung.

Die Leber erholt sich bei leichten, sanften Zubereitungsformen durch grün, sauer, bitter.

Chronisches Zuvielessen oder späte Abendmahlzeiten lassen die Leber „leiden“, sie kann den üblichen Aufgaben weniger gut nachkommen, und so kommt es zu den oben genannten Symptomen. Viele der unter Phytotherapie genannten Pflanzen lassen sich wunderbar in die Küche einbauen, so zum Beispiel der Löwenzahn, die Kurkuma, die Artischocke.

Aber auch Rhythmus, das war in der alten Medizin die Diätetik, die Lebensordnung, ist zu beachten. Die bedeutet, dass rhythmische Mahlzeiten ebenfalls Teil der Lebertherapie sind.

Aus der Phytotherapie gibt es sehr viele Optionen. Zu erwähnen wären vor allem die Mariendistel (dient dem Leberschutz), die Artischocke (aktiviert den Gallenfluss) und die Myrobalane (reguliert die Leber gesamthaft). Die Myrobalane wird auch als „Olive Asiens“ bezeichnet. Sie gilt als heilige Frucht der Tibetischen Medizin und weist alle wichtigen Geschmacksrichtungen von scharf über sauer bis eben herb und bitter auf. Ihr Potenzial wurde im Westen noch nicht erkannt, aber sie wird in der Tibetischen Medizin sehr häufig mit grossem Erfolg eingesetzt. So ist es nicht weiter erstaunlich, dass die Frucht zu den Standardbestandteilen vieler Arzneimittel zählt.

Auch das Anlegen eines Leberwickels gehört mit zu den besten therapeutischen Optionen.

Dazu übergiesst man beispielsweise Schafgarben-Kraut mit kochendem Wasser, lässt es 5 Minuten ziehen und tränkt einen gerollten Waschlappen mit der heissen Flüssigkeit. Danach wird dieser in einem Frottiertuch ausgewrungen (darf nicht mehr tropfen!). Man legt den Lappen dann auf die Lebergegend, deckt ihn mit einem Tuch ab und wickelt den Körper ein. Dann wird noch eine Wärmflasche darübergelegt und es gilt dann, 30 bis 45 Minuten zu ruhen. Durch die intensive Erwärmung der Leber kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Leberleistung und insbesondere der Entgiftungskapazität.
Tipp: Eine sehr praktische und einfache Variante für einen Leberwickel bieten ausserdem die bereits anwendungsfertigen ALPMED-Frischpflanzentüchlein mit Schafgarbe.

Aus der orthomolekularen Medizin ergeben sich ebenfalls gute therapeutische Möglichkeiten.

Verzweigtkettige Aminosäuren (BCAAs) – Leucin, Isoleucin, Valin – verbessern Funktionsstörungen des Gehirns im Rahmen schwerer Leberschädigungen.

Insbesondere zu empfehlen ist eine orale Substitution von L-Ornithin (3 x 3 Gramm) zusätzlich zu den BCAAs. L-Ornithin ist eine nicht eiweissbildende Aminosäure, die vor allem im Harnstoffzyklus aus Arginin entsteht. Da es als Substrat und Aktivator der Carbamoylphosphat-Synthase dient, führt dies zu einer deutlichen Reduktion des Ammoniaks. Weiterhin stimuliert Ornithin die Wachstumshormonfreisetzung und hat positive Einflüsse auf den Zuckerstoffwechsel.

Dies ist allerdings bei einer funktionellen Leberstörung nicht zu erwarten, sondern nur bei chronischen Lebererkrankungen!

Auf der psychischen Ebene gilt es, dem Ärger so weit wie möglich aus dem Wege zu gehen oder ihn schnellstmöglich wieder loszulassen. Eine Option wäre, in den Wald zu gehen und dort mal kräftig zu schreien, wenn man sich aufgeregt hat. Auf keinen Fall sollte man den Ärger schlucken, denn damit wird die Leber belastet.

Funktionelle Medizin

Autor: Dr. Simon Feldhaus
Veröffentlicht: 28. März 2022

Die Funktionelle Medizin ist charakterisiert durch die zentrale Frage nach dem „Warum“ – die Suche nach der sogenannten Root Cause, also dem Ursprung einer Krankheit oder eines Beschwerdebilds.

Warum erkrankt ein Mensch mit seinem individuellen Satz an Genen, mit seiner individuellen Lebens- und Gesundheitsgeschichte und seiner individuellen Lebensumgebung?

Welche Lebensstilfaktoren führen zu diesem Krankheitsbild und in welchem Zusammenhang stehen diese?

Was beeinflusst das Wohlbefinden oder die Chance auf Heilung in positiver oder negativer Weise?

Dabei sieht die Funktionelle Medizin den Körper als grosse Einheit und betrachtet die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Systemen, sie bezieht immer den Menschen als Ganzes in die Betrachtung ein.

Gesundheit oder Krankheit, Letztere im Englischen als «disease» übersetzbar, also dem Nichtwohlsein, sind das Ergebnis vieler unterschiedlicher Komponenten. Nicht nur die Genetik, sondern auch Faktoren wie die Ernährung, psychoemotionale Faktoren, Bewegung, Toxizität u. v. m. spielen eine entscheidende Rolle, ob wir uns wohl oder unwohl fühlen, gesund oder krank sind, energiegeladen oder lethargisch, begeistert oder gestresst unsere täglichen Aufgaben meistern. 

Ein wesentlicher Aspekt der Funktionellen Medizin ist der Ansatz der Epigenetik – unsere Lebensweise und unser Handeln beeinflusst den Ausdruck unserer Gene –; wir entscheiden damit, ob unsere Gene aktiviert werden oder nicht und haben dadurch direkten Einfluss auf alle relevanten Systeme: sei es das Hormon-, das Immun-, das Nervensystem, die Verdauung, der Stoffwechsel oder unsere Fähigkeit zu entgiften! 

Über die heutzutage einwirkenden alltäglichen Belastungen kommen Körper und Zellen auf verschiedenen Ebenen in Mangelzustände und Dysfunktionen, die in chronische Krankheitsprozesse münden können.

Die Funktionelle Medizin bietet einen völlig neuen Ansatz, tiefliegende Ursachen chronischer Erkrankungen zu erkennen und durch ein individuelles Konzept zu lösen. 

In der Praxis geht es um ein auf wissenschaftlichen Grundlagen basierendes Konzept zur Diagnostik, Prävention und Therapie chronischer Erkrankungen.

Wenn wir Gesundheit und Krankheit als die beiden Pole einer Skala betrachten, liegt dazwischen ein Prozess, also ein „funktionelles Geschehen“, das sich in beide Richtungen entwickeln kann.

Jeder Mensch ist mit individuellen Ressourcen ausgestattet (z. B. Genetik, Erfahrung, Resilienz), die es ihm erlauben, Trigger, die sein System stören (Stress, Traumata, Nährstoffmangel, Umweltbelastungen u. v. m.), mehr oder weniger gut zu kompensieren.

Werden Kompensationssysteme erschöpft, kann eine Entwicklung in Richtung Krankheit stattfinden.

In der funktionellen Medizin geht es darum, diese Prozesse zu erkennen und durch entsprechende Behandlungen und Lebensstiländerungen (Ernährungsumstellung, Darmsanierung, Einsatz orthomolekularer Substanzen, Immunmodulation, Bewegung …) wieder in Richtung Selbstregulation und Gesundheit zu führen. Das dabei zugrunde liegende Wissen beruht auf belegbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. 

Dieses Konzept zielt sowohl auf die Prävention als auch auf die Behandlung, besonders von chronischen Erkrankungen, und beinhaltet diverse Methoden wie:

  • Ernährungsmedizin
  • Orthomolekulare Medizin
  • Mikrobiologische Medizin
  • Phytotherapie
  • Integrative Zahnmedizin
  • Mitochondriale Medizin
  • Epigenetik

Unser Gesundheitszustand ist letztendlich Ergebnis, Summe und Folge aller Funktionen des Mikrokosmos Mensch im Wechselspiel mit dem Makrokosmos Umwelt, in die wir als Menschen hineingestellt sind.

Gesundheit im Sinne der Funktionellen Medizin resultiert aus dem geordneten Zueinander aller körperlichen Funktionen und bedeutet ein Gleichgewicht der Kräfte, welches ständig neu erkämpft werden muss.

Gesundheit und Leben sind also Folgen dynamischer Prozesse, die darauf ausgerichtet sind, sich den stets ändernden inneren und äusseren Verhältnissen anzupassen.

Es ist nicht ausreichend, ein organmedizinisches Denken, etwa durch die Beachtung bestimmter Ernährungsprinzipien, den Einbezug psychosomatischer Zusammenhänge oder des psychosozialen Umfeldes, zu ergänzen.

Im ganzheitlichen Sinn gibt es auch keine eigentlichen Krankheiten, sondern vielmehr ganzheitlich kranke menschliche Wesen.

Im kybernetischen Modell ist Gesundheit somit nicht einfach als Zustand des Wohlbefindens und der Symptomfreiheit zu definieren, sondern als das fortbestehende Vermögen des Organismus, die ständigen Störgrössen von innen und von aussen auszubalancieren. Ziel muss sein, die Ist-Werte im Soll-Bereich zu halten und abgewichene Normwerte in Soll-Bereiche zurückzuführen. Dementsprechend bedeutet Krankheit, die Unfähigkeit zur Kompensation oder zur erfolgreichen Regulation.

Krankheiten können sich entwickeln, wenn übermässige Störgrössen auftreten, z. B. bei Einwirkung von toxischen Elementen, oder wenn die Störgrössen auf blockierte oder funktionsunfähige Regulationsmechanismen stossen. Und Blockaden dieser Systeme wiederum sind möglich über die Einbringung auch von minimalen Mengen körperfremder Substanzen, wenn diese auf hoch empfindliche Regulationssysteme treffen, beispielweise die Wirkungen von Amalgam- oder Kunststofffüllungen im Zahnbereich oder Allergien auf Minimaldosen von irgendwelchen Fremdsubstanzen wie Weichmacher, Mikroplastik oder Nanopartikel.

Viele Patienten leiden unter einer anonymen Apparatemedizin und werden leider oft zu einer statistischen Grösse. Die Ärzte klagen wiederum über Anspruchs- und Konsumhaltung ihrer Patienten, die sich mit Pillen und Ersatzteilen bedienen lassen, statt beispielsweise ihre ungesunde Lebensweise zu ändern.

Medizinstudenten kritisieren das Auswahl- und Ausbildungssystem an den Hochschulen, das eher medizinische Technokraten hervorbringe als von Humanismus und einer hohen Ethik getragene Ärzte. Wir können sozusagen von einem Ärztemangel bei Medizinerschwemme sprechen.

Das Behandeln der Patienten verlangt Kenntnisse einer definierten Behandlungsmethode, welche von den Fachpersonen im Gesundheitssystem in kontrollierten Weiterbildungen erworben wurden. Das Praktizieren dieser Therapien erfordert stetige Weiterbildung und eine Anpassung an die Entwicklung der Behandlungsmethoden. Dies beinhaltet auch die Fortbildungen der SSAAMP, die sich schon immer am Konzept der Funktionellen Medizin orientiert haben.

Ärzte und Zahnärzte, die ganzheitlich arbeiten wollen, sind gefordert, ihre persönliche Erfahrung mit der Evidenz wissenschaftlicher Erkenntnis­se zur Deckung und mit dem Wissensstand der anderen medizinischen Fachrichtungen in Einklang zu bringen. Entscheidungsprozesse und -­kompetenzen müssen nicht nur festgelegt, sondern laufend auch überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Um die Qualität ethischen und ärztlichen Handelns nicht zu gefährden, kommt dem Konsens unterschiedlicher Fachgebiete bei interdisziplinär vernetzten Entscheidungsprozessen eine grosse Rolle zu.

Die gewählten Entscheidungsprozesse müssen transparent dokumentiert und kommuniziert werden.

In die Ent­scheidungsprozesse sollten sowohl die notwendigen Fachpersonen als auch vor allem die Patienten und ihr soziales Umfeld eingebunden werden. Dabei ist in der Arzt­-Patienten-­Beziehung besondere Sorge zu tragen. Es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Patienten ei­nerseits ihre gesundheitliche Situation verstehen, um Ent­scheidungen mittragen zu können, andererseits aber auch in Bezug auf Bedeutung und Auswirkung von Diagnosen bzw. Therapien durch unsere Fürsorge getragen und in der Entscheidungsfindung nicht alleingelassen werden

So lange primär willkürliche, wenn auch durch Erfahrung geprägte Therapiekombinationen im Alltag mehrheitlich angewendet werden, ist es schwierig, auch eine gezielte Weiterbildung neuer Ärzte oder Therapeuten durchzuführen.

Ziel muss sein, mit Integration erfahrener und breit ausgebildeter Experten ein auf Konsens beruhendes Qualitätsprogramm zu erstellen

Dies war und ist eine wesentliche Aufgabe, die sich die SSAAMP gestellt hat. Daher ist auch im Jahreskongress 2022 der Funktionellen Medizin ein Chapter gewidmet und wir hoffen, damit der Verbreitung dieses Konzeptes helfen zu können.

SSAAMP-Kongress am 11. Juni 2022 / Beitrag
In unserem Chapter «Funktionelle Medizin» am Jahreskongress werden einige dieser wichtigen Faktoren vorgestellt und besprochen. Zum Programm und/oder zur Anmeldung:

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Umweltmedizinische Belastungen. Die stille Pandemie!

Autoren: Dr. med. John van Limburg Stirum  und Dipl. Arzt Tomáš Hraško
Veröffentlicht: 21. März 2022

Mit Ausnahme von genetischen Krankheiten wird der Mensch grundsätzlich gesund geboren. Bei einem soliden Lebenswandel ohne unnatürliche schädliche Einflüsse von aussen ist der normale Alterungsprozess der limitierende Faktor. Mit den Fortschritten der modernen Zivilisation werden wir zunehmend mit Stoffen konfrontiert, welche unsere Gesundheit beeinträchtigen könnten. Völker, welche im Einklang mit der Natur leben, kennen diese Probleme viel weniger.

So beispielsweise die Hunzukuc, welche zu den gesündesten Völkern der Erde zählen. Sie leben im heutigen Pakistan auf über 2000 Metern Höhe, umgeben von hohen Bergen und fast völlig isoliert von der uns bekannten Zivilisation. Sie können ohne Weiteres über 100 Jahre alt werden. Frauen sollen sogar noch mit 60 Jahren gebärfähig sein. Unsere Physiologie hat sich in den letzten Millionen Jahren an die Natur angepasst und ist zu träge, mit den heutigen Veränderungen Schritt zu halten.
 

Umwelt und Medizin
Der Unterschied umweltmedizinischer Belastungsfaktoren zu den akuten Krankheiten oder Unfallereignissen liegt vor allem im Faktor Zeit begründet. Sind akute Krankheiten relativ nachvollziehbar in der Entstehung – wie eine Grippe, Lungenentzündung oder eine Knöchelverstauchung –, entwickeln sich chronische Krankheiten langsam und oft erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten. Dies erschwert massiv eine wissenschaftliche Anerkennung.

Eine andere Auslegung der Umweltbelastung wäre ein «Mangel an Natur». Kommen wir in der reinen Natur unbelastet zur Welt, so beginnen wir heute bereits bei der Geburt mit unzähligen chemischen Konfrontationen. In einer kürzlich veröffentlichten amerikanischen Studie wurden im Nabelblut von Neugeborenen bereits 109 Industriechemikalien entdeckt! Darunter sogar solche, deren Quelle, Zweck und Toxizität unbekannt waren.

 (Quelle: Suspect screening, prioritization and confirmation of environmental chemicals in maternal-newborn pairs from San Francisco (nih.gov)). 

Viele gesundheitliche Auswirkungen von Umweltschadstoffen sind dagegen bereits hinreichend bekannt und untersucht. Zu diesen gehören Schwermetalle wie Quecksilber, Arsen oder Cadmium, endokrine Disruptoren wie Bisphenol A, Parabene, Phthalate, Pestizide wie DDT, hoch toxische Substanzen wie Dioxine oder PCB. Zu krebserregenden Substanzen gehören Asbest, Lösungsmittel wie Benzol, Formaldehyd, aber auch Vinyl-Chlorid, manche Pestizide, Schwermetalle oder Dioxine.  Auch hochfrequente elektromagnetische Felder können negative Auswirkungen auf biologische Systeme entfalten.
 
Zeugen von Umweltkatastrophen sind ein lebender Beweis dafür, wie manche Substanzen unsere Gesundheit, aber auch die Natur schädigen können. Denken wir beispielsweise an die Minamata-Quecksilber-Katastrophe, den Seveso-Dioxin-Unfall, den Bhopal-Isocyanate-Unfall und an zahlreiche Atom- und Tankerkatastrophen. Diese traurige Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. 

Auswirkungen auf unsere Gesundheit

Bei all diesen chronischen Einflüssen müssen wir zwei Arten von gesundheitlichen Folgen unterscheiden:

  1. Störung der körperlichen Funktionen
  2. Zerstörung der körperlichen Funktionen

Störung der körperlichen Funktionen

Eine durch Schadstoffe verursachte Krankheit beginnt immer mit einer Störung einer körperlichen Funktion. Wird dies rechtzeitig erkannt und durch eine Entgiftung neutralisiert, ist eine vollkommene Ausheilung möglich. Solche Beschwerden können von unklaren Magen-Darm-Beschwerden über chronische Erschöpfung bis hin zu rheumatischen Beschwerden reichen.

Beispielsweise werden Enzyme durch Schwermetalle beeinträchtigt (Proteinschäden/Strukturveränderung). Diese können damit ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Findet diese Hemmung bei den Verdauungsenzymen statt, sind entsprechende Darmprobleme möglich. Werden die komplexen Funktionen in der Energiegewinnung der Mitochondrien gehemmt, fällt die Energieproduktion aus und wir fühlen uns erschöpft.

Die eigentliche Therapie liegt somit darin, die Quellen der Belastungen zu erforschen. Sind es verarbeitete Nahrungsmittel, Umwelteinwirkungen am Arbeitsplatz wie etwa in einem Reinigungsinstitut oder Chemielabor, ist es die Staubentwicklung an der Baustelle oder der Quecksilberdampf im Rahmen von Dentalbehandlungen?

Quecksilber ist eines der giftigsten Metalle überhaupt. Dessen Reaktionsfähigkeit (ionische und kovalente Bindungen) und damit viele Einsatzmöglichkeiten haben auch zu seiner massiven Verbreitung geführt. So auch beim Goldschürfen. Solche inzwischen in Vergessenheit geratenen Einsätze bedrohen noch heute Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Das Nervengift Quecksilber gelangt über die Atmosphäre in weit entfernte Regionen, lagert sich in Ozeanen und Flüssen auch in Europa ab und gelangt über die Nahrungskette in Fische, die wiederum von Menschen verzehrt werden. Ganz zu schweigen davon, welchen extremen Quecksilberkonzentrationen die Mitarbeiter in diesen Goldminen ausgesetzt sind.

Nicht zu vergessen sind auch die unzähligen Medikamente, welche wir mit zunehmendem Alter vom Arzt erhalten. Wenn wir Pech haben, werden dann weitere Medikamente verordnet, welche die Nebenwirkungen der anderen «behandeln».

Somit haben unsere Entgiftungsmechanismen alle Hände voll zu tun. Viele Patienten, welche umweltmedizinisch behandelt werden, wurden schon allein dadurch «geheilt», dass eine Übermedikamentierung beseitigt wurde.

Leider kann es aber auch vorkommen, dass diese Faktoren unerkannt bleiben oder auch primär so toxisch sind, dass sich im Körper permanente Schäden entwickeln. Damit kommen wir zur Folge Nummer zwei.

Zerstörung der körperlichen Funktionen

Lang anhaltende um- und inweltmedizinische Belastungen können, wenn die Stufe der funktionellen Belastung unerkannt bliebt, dauerhafte Schäden verursachen. Anderseits gibt es Eingriffe in unseren Organismus, welche von diesem entweder toleriert werden, was wohl am häufigsten der Fall sein wird, oder doch bei bestimmten Individuen Krankheiten auslösen können, je nach Schadstoff, individueller Entgiftungskapazität und Epigenetik. Dazu zählen wieder bestimmte dentale Anwendungen wie Amalgame oder das Legen von wurzeltoten Zähnen und gewisse Impfungen. Auffällig ist der massive Anstieg von Autoimmunerkrankungen oder Autismus seit der Zunahme der Impfungen in den 80er-Jahren.
 
Auch Nervenschäden kommen bei Schwermetallbelastungen vor. Diese Metalle lagern sich in die Nervenzellen ein, die danach vom Immunsystem als verändert wahrgenommen werden können. Somit tut das Immunsystem das, wozu es auch bestimmt ist: nämlich das Fremde aus dem Körper eliminieren. Dies wird über eine Entzündung bewerkstelligt. Und schon sind wir bei Krankheiten wie Multipler Sklerose oder ALS angelangt. Diese Krankheiten sind in der traditionellen Medizin unheilbar und auch in Kenntnis der möglichen Entstehung via umweltmedizinische Belastungen kaum durch eine Entgiftung zu beeinflussen. Trotzdem ist es lohnend, diesen therapeutischen Weg zumindest zu versuchen. Es gibt einzelne Kasuistiken, in denen es durch komplexe therapeutische Ansätze gelungen ist, sogar die unheilbare ALS auszuheilen! (Quelle: PMID: 28641283, DOI: 10.1159/000477397, https://www.karger.com/Article/Pdf/477397)

SSAAMP-Kongress 11. Juni 2022 / Beitrag
In unserem Chapter Umweltmedizin am Jahreskongress werden einige dieser wichtigen Faktoren vorgestellt und aufgezeigt, wie wir uns schützen bzw. behandeln können.

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Long COVID

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist simon.jpg.

Autor: Dr. Simon Feldhaus
Veröffentlicht: 27. September 2021

SAVE THE DATE: Samstag, 20. November 2021 (Vormittag)
Zoom Seminar Ticket zum Thema Long COVID ab 4. Oktober 2021 buchbar auf http://www.ssaamp.ch/tickets

Wie auch bei anderen viralen Erkrankungen (besonders bekannt beim Epstein-Barr-Virus) kann es auch bei einer COVID-19-Erkrankung nach deren Abheilung zu einer anhaltenden Störung der Gesundheit kommen.

Nach Schätzungen der WHO leiden etwa 10 Prozent der COVID-19-Patienten noch zwölf Wochen nach der Infektion unter langanhaltenden Beschwerden, auch wenn sie nicht in der Klinik behandelt werden mussten. Dementsprechend kann die Infektion mit dem Multiorganvirus SARS-CoV-2 bei vielen Genesenen noch lange Schatten werfen. Selbst nach milden Verläufen kämpfen die Betroffenen noch Wochen und Monate mit persistierenden Beschwerden, die auch als Long-COVID- oder Post-COVID-Syndrom bezeichnet werden. Extreme Erschöpfung (à Post-COVID-Fatigue), Abgeschlagenheit und ausgeprägte Müdigkeit sowie kognitive Einbußen, Lungen- und Herzprobleme, anhaltende Geschmacks- oder Riechstörungen sowie anhaltende Schmerzen (vor allem in der Brustgegend) oder ein beschleunigter Puls sind nur einige Symptome, die auf ein Long-COVID-Syndrom hinweisen können.

Eine einheitliche Definition eines Post-COVID- oder Long-COVID-Syndroms gibt es bisher noch nicht. Einige Autoren sprechen von einem chronischen oder Long-COVID-Syndrom, wenn die Symptome mehr als drei Monate nach der Erkrankung anhalten.

Die akute COVID-19-Infektion dauert bis zu vier Wochen. Länger andauernde Infekte von 4 bis 12 Wochen werden als prolongierter COVID-19-Infekt bezeichnet. Das Post-COVID-19-Syndrom, oder auch PASC genannt, kann bei Beschwerden über 12 Wochen auftreten. Dabei ist ein allfälliger PCR-Test negativ.

Die Ursache ist noch nicht vollständig geklärt. Eine reduzierte Mitochondrienaktivität ist höchstwahrscheinlich daran beteiligt. Diese werden direkt von den COVID-19-Viren geschädigt wie auch durch die proinflammatorischen Cytokine während des akuten Infekts. Das kann auch eine Erklärung sein, weshalb das Post-COVID-Syndrom so viele verschiedene Bilder zeigt – von extremer Müdigkeit, Schmerzen, depressiven Verstimmungen über Tinnitus, Atemnot bis hin zu gastrointestinalen Beschwerden.

Die mitochondriale Funktion spielt eine zentrale Rolle im Rahmen der antiviralen Immunantwort sowie bei der Regulierung metabolischer Stoffwechselwege von Immunzellen. Mitochondrien sind in der Lage, die metabolische Aktivität und Funktion von Zellen vor allem der angeborenen Immunantwort zu modulieren. Die angeborene Immunität und die damit assoziierten Entzündungsreaktionen werden vor allem durch die mitochondriale Dynamik reguliert. Der durch SARS-CoV-2 verursachte oxidative Stress wirkt pro-seneszent und pro-inflammatorisch auf Endothelzellen und Organe. In Bezug auf virale Infektionen wie COVID-19 und ihre Langzeitfolgen werden weitere verschiedene Mechanismen, die zur mitochondrialen Dysfunktion beitragen können, diskutiert.

Da dieses Syndrom sehr neu ist, gibt es noch keine etablierte oder erprobte Therapie. Die hier nachfolgend aufgeführten Mittel wurden aufgrund von Einzelerfahrungen und theoretischen Überlegungen zusammengestellt. Diese Empfehlungen sind auf dem Stand September 2021 entstanden und können sich somit durch neue Erkenntnisse und Erfahrung wieder ändern.

Diagnostik:

  • bioenergetischer Index Labor Biovs (mitochondriale Aktivität)
  • Mikronährstoffdiagnostik individuell (Vitamin D, Fettsäureprofil etc.)
  • Hämatogramm und CRP und IL 6
  • erweiterte Diagnostik individuell (Darm/sIGA, Dunkelfeld, Neurostressprofil etc.)

Therapie:

Basis ist eine orthomolekulare Medizin, die mindestens beinhaltet:

Alpha Liponsäure       600 mg

Benfotiamin               200 mg

B12                             200 ug

Folsäure                     400 ug

Q10                             200 mg

L-Carnitin                   1000 mg

L-Taurin                      1000 mg

Diese Basis wird individuell ergänzt aufgrund von Laborwerten, klinischen Befunden etc. durch Behandlungen des Mikrobioms.

Als eine optimale Begleittherapie hat sich die Eigenblut-Ozontherapie bewährt, hier ist eine niedrige Dosierung wesentlich. Die Ozontherapie kann sehr gut mit hoch dosierten Vitamin-C-Infusionen kombiniert werden.

Wesentlich ist es, ein Post-COVID-Syndrom präventiv zu verhindern. Dies geschieht durch Behandlung des akutes Infektes mit Sars-CoV-2, was allerdings fast nie gemacht wird.

Es existieren gute Daten zur hoch dosierten Gabe von Vitamin D, Vitamin C, Omega 3 sowie Selen und Zink. Auch Behandlungsprotokolle mit Ivermectin sind in Studien durchaus erfolgreich getestet worden.

Zusammengefasst stellt das Post-COVID-Syndrom eine komplexe Erkrankung dar, die allerdings durch einen integrativen Behandlungsansatz durchaus erfolgreich therapiert werden kann.

Es ergibt keinen grossen Sinn, dieses Phänomen als angsterzeugendes Mittel zu nutzen, um Menschen zu einer Impfung zu drängen. Beim Epstein-Barr-Virus sind ähnliche Verläufe bekannt, ohne dass dies zu entsprechenden medialen Darstellungen führte.

Ästhetik im Wandel der Zeit

Medizinische Ästhetik: 3. Jahreskongress am Samstag, 13. November 2021 in der Brasserie Lipp in Zürich

Autoren
Sybille Binder
Dr. med. Zoehre Akdogan
Dr. med. Michael Wagener

Veröffentlicht am: 18. September 2021

Ästhetik im Wandel der Zeit

Die Harmonie aus Geist und Körper prägt die moderne Anti-Aging- und die medizinische Ästhetik. Alles dreht sich um die Funktion der einzelnen Zelle – der kleinsten Einheit unseres Wohlbefindens.

Health & Beauty / Stoffwechsel / im Wandel

Nachdem die Schönheitsindustrie einige Jahrzehnte vor allem chirurgische Eingriffe vorgenommen und Spritzen eingesetzt hat, befindet sie sich gerade in einem grossen Wandel.

Health and Beauty, Schönheitsmedizin der Zukunft ist der Titel des Beitrags von Dr. Enrique Steiger.
Dabei soll die Wechselwirkung von Gesundheit und Schönheit im Zentrum stehen und welche Möglichkeiten heute bekannt sind, dies zu unterstützen.

Schönheit, aus der Sicht des Stoffwechsels betrachtet, ist nicht ganz neu. Schon in der Antike gab es Ansätze, dass Pflanzen und eingenommene Substanzen die Schönheit beeinflussen können, sodass das Skalpell nicht immer von Anfang an eingesetzt wurde.
Führende Forscher zeigen auf, dass verschiedene Lifestylefaktoren Ausstrahlungskraft und Hautqualität beeinflussen können. Diese Erkenntnisse werden nun zunehmend interdisziplinär ausgetauscht und umgesetzt.
Neue einfache Testmöglichkeiten über Genetik, Stuhl und Blut zeigen Mangel und Entgleisungen von Stoffwechselprozessen an, welche sich im Körperbild manifestieren. Die als «stille Entzündungen» bekannten Stoffwechselveränderungen sind auch für die Hautalterung verantwortlich.
Diese lassen sich häufig durch Anpassung der Ernährung, den Einsatz von gezielten Mikronährstoffen und auch mit Hormonen regulieren.
Die neuen Entwicklungen gehen in Richtung individualisierte Ernährung, Supplementation und Behandlungen mit verschiedenen Produkten. Auch die Adaptionsfähigkeit des Körpers auf Stress kann durch Stoffwechselunterstützung verbessert werden. Hautalterung ist also kein Schicksal mehr, sondern persönlich beeinflussbar.
Auch chirurgische Eingriffe können durch stoffwechselunterstützende Massnahmen unterlegt werden. Somit gewinnen nutritive Faktoren immer mehr an Bedeutung für die Schönheitsmedizin.

Die Zukunft der Schönheitsindustrie ist eine Verbindung von gesundheitsfördernden und schönheitsunterstützenden Massnahmen. Die Zukunft der Schönheitsmedizin ist Interdisziplinarität.

Fortschritte in der plastischen Chirurgie

Neue Entwicklungen, Erkenntnisse und technische Innovationen haben auch in der ästhetischen Medizin Eingang gefunden. Am Jahreskongress der SSAAMP 2021, Sektion Medizinische Ästhetik, widmen wir uns diesem Themenkomplex mit Vorträgen aus dem Bereich der invasiven und minimalinvasiven Ästhetik.

Dr. med. Akdogan zeigt in ihrem Referat auf, welche Fortschritte die plastische Chirurgie in den letzten Jahren in Bezug auf neue Operationsmethoden und auch technische Neuerungen gemacht hat.

Massgeblich für schonendere Operationsverfahren sind nicht zuletzt neue Erkenntnisse im Verständnis der komplizierten Gesichtsanatomie. Aber auch verfeinerte Operationstechniken dokumentieren diesen Wandel. Natürlichkeit und Individualität als Ergebnis einer plastischen Operation sind die entscheidenden Erfolgskriterien in der plastischen Chirurgie. Futuristisch mutet der Einsatz eines Laserskalpells an, aber es hat neue Möglichkeiten in Präzision und schonender Behandlung ermöglicht.

Minimalinvasive Behandlungen

Dr. med. Wagener stellt den Wandel bei den minimalinvasiven Behandlungen mit Botolinum und Fillern (Hyaluronsäure) in den Mittelpunkt seines Vortrags. Im Bereich der minimalinvasiven Verfahren ist der Wandel in den letzten 15 bis 20 Jahren sehr augenfällig. Nicht mehr die einzelne Falte zählt, sondern das ganze Gesicht wird analysiert, vermessen und planmässig behandelt. Substanzielle Erkenntnisse im Verständnis der ablaufenden Alterungsprozesse erlauben eine neue Betrachtung und damit Behandlung des alternden Gesichts. Heute spricht man daher von «kompositorischer Gesichtsästhetik».

Silvia Scherrer vertritt und beschreibt in ihrem Referat ein revolutionäres Konzept der Haarkosmetik. Genau genommen geht es um eine neue Art des Haarersatzes. Haarverlust ist mehr als nur weniger Haare zu haben – es führt nicht selten zu seelischen Beeinträchtigungen, egal ob es Mann oder Frau trifft.

Nicht jeder kann und möchte eine Haartransplantation bekommen. Somit sind Alternativen gefragt, wenn Mesotherapie keine Option mehr ist. Die Firma «Hairstetics» hat ein revolutionäres Verfahren für Haarersatz entwickelt. Dieser Methode darf zugetraut werden, ein «Gamechanger» zu werden.

Ethik und Ästhetik
Mit Prof. Dr. Fenner referiert die Titularprofessorin für Philosophie am Departement «Künste, Medien, Philosophie» der Universität Basel im Kontext der Ethik und Ästhetik einer philosophisch-ethnischen Analyse der Argumente, die pro und kontra Verschönerungsmassnahmen sprechen.

Samstag, 13. November 2021 / limitierte Anzahl Besucher
Am Kongress in Zürich kann sich jede interessierte Person anmelden. Die Tagestickets können über www.ssaamp.ch/tickets vorgängig gekauft werden – wir empfehlen eine rasche Buchung, weil wir nur eine limitierte Anzahl Tickets anbieten.

Strategien rund um die Coronadiagnostik

Veröffentlicht am: 25. August 2021
Autor: Dipl. Ing. Otto Knes

Mehr Informationen unter www.ssaamp.ch

Mit der Ferienzeit ist die Anzahl der positiv getesteten Corona-Fälle deutlich angestiegen.

Unter den positiv getesteten sind auch geimpfte Personen zu finden, was wieder die Frage zur Schutzwirkung der Impfung aufwirft, vor allem auch in Hinblick, dass die Delta-Variante derzeit für ca. 98% der Fälle verantwortlich ist.

Der Aktivität des Virus steht die Aktivität unseres Immunsystems gegenüber.

Wie reagiert unser Immunsystem auf die Konfrontation mit dem Virus? Die Frage nach der Art und Menge der gebildeten Antikörper beschäftigt uns in der Routine noch recht wenig, obwohl mittlerweile sehr gute Antikörpertests zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Behörden wird  die individuelle Bestimmung von Antikörpern noch nicht empfohlen mit der Begründung, dass man über Ausmass und Dauer der Schutzwirkung noch zu wenig weiss.

Wir kennen von anderen Infektionserkrankungen, dass die Konzentration der gebildeten Antikörper den Nachweis der Immunität darstellt und es einen Titer gibt, auf dessen Basis man eine Aussage über bestehende Immunität, oder Empfehlungen über allfällig weitere Impfungen abgeben kann.

Nicht so bei Corona. Was unabhängig vom vorhandenen Wissen über die Antikörper erstaunt ist, dass es für ein Zertifikat nur ausschlaggebend ist, dass man mit dem richtigen Impfstoff behandelt wurde. Ob als Konsequenz dieser Impfung tatsächlich Antikörper entwickelt wurden, ist nicht von Belang. So werden auch Personen, die auf Basis der Impfung nur unzureichend Antikörper entwickeln – sogenannte Nonresponder – ein Impfzertifikat bekommen, jemand der sich im Ausland mit alternativen Impfstoffen impfen liess ist hierzulande nicht zertifikatswürdig, auch wenn sich daraus ein hervorragender Antikörpertiter entwickelt hat.

Im benachbarten Ausland jedenfalls, akzeptiert man das Vorhandensein neutralisierender Antikörper als Nachweis für den Genesenen-Status.

Was sind nun neutralisierende Antikörper?

Nicht alle Arten von Antikörpern, die vom Immunsystem gebildet werden, wirken auch gegen die Pathogenität des Virus. Im Falle des Coronavirus  sind neutralisierende Antikörper gegen das Spike-Protein des Virus gerichtet und haben eine hemmende Wirkung auf die Bindung der Rezeptor Bindungsdomäne (RBD) des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 an den ACE2-Rezeptor. In der Routine werden solche Neutralisationstests wegen der hohen sicherheitstechnischen Anforderungen an das Labor (Viruskultur) kaum eingesetzt, jedoch korreliert das Vorhandensein von Ig-G  Antikörpern gegen das Spike-Protein gut mit der Konzentration von neutralisierenden Antikörpern. Die Bestimmung ist mittlerweile mit quantitativen Assays möglich, sodass sich sehr gut vergleichbare Konzentrationen der Titer angeben lassen. Dieser wird in der WHO – Einheit BAU/ml (BAU, Binding Antibody Units) angegeben und dient der Vergleichbarkeit mit anderen Tests, die ebenfalls dem WHO Standard entsprechen. Neutralisierende Antikörper können sowohl durch eine durchgemachte Infektion, als auch durch eine Impfung erworben werden.

Wie sieht es mit der weiteren Teststrategie aus?

Die Teststrategie für das repetitive Testen in Betrieben wurde vom Bund verlängert, derweilen in Diskussion steht, ob und wie lange das Gratis-Kontingent für Antigen-Schnelltests noch aufrecht gehalten wird.

Als neue Motivation wird aber nun das Selbsttesten mit den bewährten Speicheltests von zu Hause erwogen. Das Vertrauen in die Bevölkerung ist dabei aber nicht allzu gross, daher soll jeder die Abgabe der Speichelprobe per Video dokumentieren. Das Labor soll dann die Verantwortung darüber haben, ob die eingesendete Probe auch wirklich von demjenigen stammt, der vorgibt, den Test eingeschickt zu haben. Neben der Analyse der Proben, werden nun also noch Videos analysiert. Die „zurückhaltende Begeisterung“ der Labore dieser Strategie gegenüber ist verständlich…

Coronadiagnostik wird uns zweifellos noch eine Weile beschäftigen. Derweilen darf der Fokus in der praktischen Arbeit  gerne auch auf die Funktionalität des Immunsystems gerichtet werden. Die Bedeutung von Mikronährstoffen für die Funktion des Immunsystems ist uns wohl bekannt und die Bestimmung von Faktoren wie zum Beispiel  Vitamin D, Selen oder Zink ist vielleicht nicht Rocket Science, aber eine bewährte und in dieser Zeit sehr aktuelle Herangehensweise um dem Patienten zu zeigen, dass er ausser dem Tragen eine Maske auch anderweitig zu seinem Schutz beitragen kann.

Richten wir den Fokus allmählich wieder auf die Frage, wie wir Patienten und Kunden darauf vorbereiten können, einer allfällige Infektion mit einem fitten Immunsystem begegnen zu können.