Immunsystem in der heutigen Zeit

Veröffentlicht am: 2. November 2020
Autor: Dr. Simon Feldhaus

Die aktuelle Bedrohung durch die Covid-19-Pandemie hält uns alle in Atem. Immer wieder kommt es zu erheblichen Einschränkungen unserer Bewegungsfreiheit. Prävention besteht aus Kontaktverminderung und Rückzug in die eigene Wohnung; die Hoffnung setzt man derzeit auf eine Impfung.

Erstaunlicherweise gibt es aber eine grosse Zahl von Menschen, die mit einer Covid-19-Infektion problemlos zurechtkommen oder gar komplett symptomfrei bleiben.

Bei diesen Patienten scheint das körpereigene Immunsystem das Virus abwehren zu können, bevor dieses zu einer relevanten Infektion des Körpers führt.

Daher wäre es doch wohl sinnvoll, sich um die Funktion und Stärkung des Immunsystems zu kümmern, die aber praktisch in keiner Empfehlung ausgesprochen wird.

Daher sollen jetzt die Funktionsweise unseres Immunsystems und sich daraus ergebende präventive Massnahmen diskutiert werden:

Das Immunsystem gehört zu den Regulationssystemen unseres Körpers und ist für die Überwachung der Balance im Organismus und der Gesundheit verantwortlich. Eine gute Lebensqualität und ein langes, gesundes Leben sind von einem gut funktionierenden Immunsystem direkt abhängig. Um einen gesunden Organismus aufrechtzuerhalten, ist es wichtig, nicht nur das Immunsystem, sondern auch die anderen regulierenden Systeme des Körpers wie Nervensystem und Hormonsystem im Gleichgewicht halten. Diese drei regulierenden Systeme sind vernetzt durch unterschiedliche lösliche Botenstoffe (Zytokine, Neuropeptide und Hormone). Dadurch werden eine bidirektionale Kommunikation und regelmässige Interaktion geschaffen, sodass sie sich gegenseitig beeinflussen können. Jedes Ungleichgewicht in einem dieser Systeme wirkt sich nachteilig auf die anderen aus.

Mit zunehmendem Alter unterliegt der Organismus morphologischen und physiologischen Änderungen. Die verschiedenen regulierenden Systeme und die Kommunikation zwischen ihnen werden zunehmend beeinträchtigt, sodass auch die Homöostase des Organismus gestört wird.

Daher nimmt die Funktionalität des Immunsystems im Laufe der Jahre ab, was als Immunseneszenz bezeichnet wird. Die Immunseneszenz wird von einigen Bedingungen begleitet, die sowohl die angeborene Immunantwort als auch die adaptive Immunabwehr beeinflussen.

Alle genannten Faktoren tragen zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber infektiösen, chronischen und rezidivierenden Prozessen bei. Autoimmunkrankheiten und onkologische Vorgänge bei älteren Personen werden begünstigt. Aus diesem Grund sollten vor allem bei älteren Menschen immunaktivierende präventive Massnahmen im Vordergrund der Bemühungen stehen, und nicht primär der Fokus auf Isolation.
 

Wenn Bakterien, Viren oder Parasiten in den Körper eindringen, wird eine immunologische Abwehr im Sinne einer Kettenreaktion der Zellaktivität im Immunsystem ausgelöst. Makrophagen oder andere angeborene Immunzellen – wie Basophile, dendritische Zellen oder Neutrophile – können eingesetzt werden, um den eindringenden Erreger anzugreifen. Diese Zellen erfüllen oft bereits ihre Aufgabe, und der Eindringling wird zerstört.

Reicht dies nicht aus, kommen die T-Zellen und B-Zellen ins Spiel. Diese Zellen sind die Spezialeinheiten des Immunsystems – eine Verteidigungslinie, die frühere Verhaltensweisen und Interaktionen nutzt, um zu lernen, bestimmte fremde Bedrohungen zu erkennen und diese anzugreifen, wenn sie wieder auftauchen.

Das Immunsystem besteht aus zwei «Abteilungen»: der angeborenen und der erworbenen Abwehr. Angeborene Immunzellen sind die erste Verteidigungslinie des Körpers. Sie reagieren schnell auf fremde Zellen, um ein Virus zu bekämpfen oder den Körper gegen Bakterien zu verteidigen. Unsere erworbene Immunität verwendet T-Zellen und B-Zellen, wenn eindringende Organismen diese erste Verteidigungslinie überwinden konnten. Diese Zellen brauchen länger, um sich zu entwickeln, weil ihr Verhalten sich aus erlernten Erfahrungen entwickelt, aber sie leben in der Regel länger als angeborene Zellen. Adaptive Immunzellen erinnern sich nach ihrer ersten Begegnung an fremde Eindringlinge und wehren diese ab, wenn sie das nächste Mal in den Körper eindringen.

B-Zellen bekämpfen Bakterien und Viren, indem sie sogenannte Antikörper bilden, die für jeden Erreger spezifisch sind und in der Lage, sich auf der Oberfläche einer eindringenden Zelle festzusetzen und diese für die Zerstörung durch andere Immunzellen zu markieren oder auch direkt zu zerstören.

Die T-Zellen arbeiten auf einer anderen Basis:

Es gibt zwei Haupttypen von T-Zellen: Helfer-T-Zellen und Killer-T-Zellen. Helfer-T-Zellen stimulieren die B-Zellen zur Bildung von Antikörpern und unterstützen die Entwicklung von Killerzellen. Killer-T-Zellen töten direkt Zellen, die bereits von einem fremden Eindringling infiziert wurden. T-Zellen verwenden auch Zytokine als Botenmoleküle, die chemische Anweisungen an das übrige Immunsystem senden, um dessen Reaktion zu beschleunigen.

Gerade für die Abwehr der COVID-19-Coronaviren erscheint vor allem die Aktivität der T-Zellen eine besondere Rolle zu spielen.

Eine kürzlich durchgeführte Studie aus den USA zeigte, dass Infizierte in der Lage sind, spezifische T-Zellen und B-Zellen zu bilden. Vor allem konnte auch gezeigt werden, dass einige nicht infizierte Menschen ebensolche spezifischen T-Zellen hatten, was auf eine Überschneidung mit der Reaktion auf frühere Infektionen mit Mers, Sars und anderen Erkältungen hindeutet – die sogenannte Kreuzreaktivität.

Auch jüngste Forschungen des Karolinska-Instituts in Schweden zeigten, dass mehrere Patienten mit leichten bis keinen Symptomen T-Zellen gegen das Virus gebildet hatten. Dies war sogar bei Patienten der Fall, die keine nachweisbaren Konzentrationen von Antikörpern gegen das Virus aufwiesen. Wichtiger noch: Die Forscher fanden auch Hinweise auf Gedächtnis-T-Zellen bei rekonvaleszenten Patienten. Dies deutet darauf hin, dass COVID eine robuste Gedächtnis-T-Zellen-Antwort hervorruft, die wiederkehrende Episoden von schweren Wiedererkrankungen verhindern könnte.

Im Gegensatz dazu erscheint die Situation, was die Antikörper betrifft, eher problematisch zu sein. Einige Studien legen nahe, dass COVID-19-Antikörper bei genesenen Patienten nur sieben Wochen lang ausreichend bestehen bleiben. Bei 40 Prozent der asymptomatisch infizierten Patienten waren nach acht Wochen keine Antikörper mehr nachweisbar.

Dies deutet darauf hin, dass Antikörper gegen COVID möglicherweise nicht sehr lange anhalten, was für die Wirkung von Impfungen sehr bedeutsam und kritisch sein könnte.

Daher erscheint es ausserordentlich wichtig, die Funktionsfähigkeit des Immunsystems auf breiter Basis zu verbessern und nicht nur auf die Wirkung von Impfungen zu hoffen, um mit der Covid-19-Infektion klarzukommen!

Welche Faktoren können die Funktion unseres Immunsystems negativ beeinflussen?

Verschiedene Faktoren sind für die Funktionalität des Immunsystems verantwortlich: genetische Faktoren, Ereignisse, die während unseres Lebens stattfinden, sowie unsere Ernährung und unser Lebensstil. Eine ungesunde Lebensweise ohne ausreichende Ruhephasen, mit vermehrten Stresssituationen – seien es chemische, körperliche oder psychische – können Erschöpfung auf hormoneller und auch zellulärer Ebene hervorrufen sowie eine Verringerung der Lymphozytenanzahl bewirken. All dies führt zu einer geringeren Wirksamkeit des Immunsystems.

Erkrankungen durch Viren im Bereich der Atemwege gelten generell als harmlos. Die entsprechenden Keime vermehren sich besonders häufig auf den Schleimhäuten. Infolge Kühle bei gesunkenen Aussentemperaturen werden diese nicht mehr genügend befeuchtet und der reinigende Effekt der Flimmerepithelien reicht nicht mehr aus. Kälte hemmt die Beweglichkeit der Zilien auf den Atemwegsschleimhäuten und verengt gleichzeitig die Bronchien. Für die Wachstumsbedingungen entstehen dadurch optimale auslösende Erreger.

Der Kontakt mit den Viren geschieht über die oberen Atemwege. Auch bei Coronaviren ist dies so. Die Viren haften an den Schleimhäuten, und wenn sie dort nicht abgewehrt werden, dringen sie in das Körperinnere vor und können eventuell schwerwiegende Krankheitsverläufe verursachen. Für den Abwehrzweck haben wir unser körpereigenes Immunsystem. Bei den meisten Menschen gelingt es dem Abwehrsystem, die Viren abzutöten, bevor eine eigentliche Infektion stattfindet. Die wichtigste Verteidigung, vor allem auch gegen Coronaviren, ist die zellvermittelte Abwehr (die sogenannte T-Zell-vermittelte Abwehr). Sekundär kommt dann eine Abwehrreaktion mit sogenannten Antikörpern ins Spiel. Ein positiver PCR-Test zeigt an, dass sich Erbinformationen auf der Schleimhaut nachweisen liessen, nicht aber, ob eine Infektion des Körpers stattgefunden hat.

Wie stärke ich mein Immunsystem? Aus ganzheitlicher medizinischer Sicht ist es daher wichtig, nicht auf das Virus zu schauen, sondern primär gesund durch die Winterzeit zu kommen.

Ziel muss sein, das Immunsystem in den optimalen Funktionszustand zu bringen. Gesunde Lebensführung und Stressreduktion steht an erster Stelle. Dauerhafte Belastungen im Alltag und ein Mangel an wichtigen Mikronährstoffen machen den Körper deutlich anfälliger für Erkältungen oder andere Infektionskrankheiten.

Womit können wir die Funktion positiv beeinflussen?

  • Psychologische Faktoren: Stressbewältigung bei Personen, die diesem Problem ausgesetzt sind. Gleichzeitig ist es wichtig, eine positive Lebenseinstellung zu bewahren.
  • Lebensstil: Bewegung und leichter Sport sind Grundvoraussetzungen für die korrekte Funktion unseres Organismus und Immunsystems. Körperliche Aktivität ermöglicht eine angemessene Blutzirkulation durch alle Körperteile. Ausserdem ist es wichtig, geeignete Massnahmen zur Schmerzbegrenzung zu finden.
  • Ernährungsfaktoren: Es ist wichtig, gesunde Lebensmittel, die frei von Toxinen sind, zu konsumieren. Heutzutage wird das Immunsystem häufig beansprucht, da Toxine sich wie Antigene verhalten, wobei das Immunsystem diese wie einen Virus bekämpfen möchte. Dies führt zu Entzündungen und zur Erschöpfung des Systems. Deshalb trägt eine gesunde und schadstoffarme Ernährung zu einer verbesserten Immunität bei.
  • Physiologische Faktoren: Gleichzeitig gilt es, Entzündungsherde im Organismus zu entfernen. Der Verdauungstrakt ist dabei der Apparat, der das Immunsystem am meisten beansprucht. Etwa 70 Prozent aller Zellen des Immunsystems befinden sich im Verdauungstrakt. Sobald hier ein Problem entsteht, wird das Immunsystem aktiviert.
  • Mikronährstoffe wie Antioxidanten, Vitamine und Mineralien.

Zur Prophylaxe gegen virale Erkrankungen (egal ob Coronaviren, Grippeviren oder andere Virusarten) eignen sich verschiedene Therapieformen.

Die Basis ist eine laborgestützte Gabe von Mikronährstoffen im Sinne der orthomolekularen Medizin:

Zink, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Selen sollten in ausreichender Menge eingenommen werden, wobei nach aktuellem Wissen wohl dem Vitamin D die wichtigste Rolle zugestanden werden muss.

Aktuelle Studien konnten ausserordentliche Erfolge von hochdosierter Vitamin-D- oder auch intravenöser Vitamin-C-Therapie bei akuten Covid-19-Infektionen aufweisen.

Zusätzlich gibt es phytotherapeutische Präparate aus Echinacea, Pelargonium, Meerrettich, Kapuzinerkresse und anderen Pflanzen, die sehr gute Effekte vorweisen.

Aus der ärztlichen Ganzheitsmedizin sind Ozon-Eigenblut-Anwendungen bekannt. Gerade die Ozontherapie hat sich in Studien in Spanien als sehr wirksam gezeigt.

Zusammengefasst lässt sich feststellen dass, gerade in Zeiten viraler Bedrohungen unserer Gesundheit neben den sinnvollen Methoden der Prävention vor allem auch auf eine gute Funktion des Immunsystems geachtet werden, was mit den aufgeführten Optionen sinnvoll möglich ist.

Dr. Simon Feldhaus

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